Wie problematisch ist ein scheinbar ganz einfacher Vorgang heute geworden? Funktionierte Lüftung gestern anders als heute? Oder ist es die neue Sparsamkeit, die die Probleme schafft? Ja, beides trifft zu und das ist doch nicht alles. Synthetische Teppichfasern, raumhoch geflieste Bäder, Heizkörper statt Kachelofen, subtropische Pflanzen, Aquarien, kunststoffbeschichtete Möbel und Tapeten, ...Moment mal, was haben diese Dinge mit dem Lüften zu tun? Mit dem Vorgang selbst gar nichts. Aber diese Dinge haben etwas mit der entscheidenden Änderung der Raumluftqualität zu tun. Mehr Schadstoffe werden freigesetzt und vor allem eine erhöhte Wasserdampfbelastung sind die Folge. Und das verändert
- den notwendigen Zeitpunkt und
- die erforderliche Intensität
des Lüftens. Der Gang zum Fenster nach Plan? Ach, es ging doch früher auch!
Ja, es ging. Aber was war anders?
- Man öffnete das Fenster aus Erfahrung und Gewohnheit, z.B. morgens oder nach dem Baden.
- Man lüftete, wenn irgend etwas nicht stimmte - Gerüche, Kopfschmerz, Qualm, Ereignisse, beschlagene Scheiben ...
- Es lüftete sich im Winter ohne menschliches Zutun, ganz unbemerkt, immer - zu den undichten Fugen der Fenster hinein und über den Schornstein des Kachelofens hinaus - eine im Winter hervorragend funktionierende Zwangslüftung. Damit es nicht ganz so arg zog, legte man Tücher und Decken vor die Fensterfugen.
- Weniger Wasserdampfquellen waren vorhanden - es wurde weniger geduscht, Waschen und Trocknen fanden im Waschhaus statt. Einscheibige Fenster mit schlechter Wärmedämmung≡Wärmedämmung≡
Eine Wärmedämmung mindert den Wärmestrom von der warmen zur kälteren Seite eines Bauteiles. Dazu werden Stoffe mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit (Wärmedämmstoff) als Schicht zwischen Warm und Kalt eingebracht. Eine sehr gute Wärmedämmung wird mit einem Vakuum erzielt (Thermoskanne). Auch ruhende Luft dämmt den Wärmefluss sehr gut. Um eine hohe Wärmedämmwirkung zu erzielen, dürfen Wärmedämmstoff(e) nicht durchströmt werden und eine bestimmte Einbaudicke nicht unterschreiten. wirkten wie Entfeuchter; es gab Eisblumen und Kondensatsammelkästen. Die hohen Oberflächentemperaturen≡Oberflächentemperatur≡
Die Oberflächentemperatur eines Bauteiles, z. B. eines Wandabschnittes oder einer Verglasung, ist vor allem abhängig von der innenseitigen Raumlufttemperatur, der Außentemperatur und dem Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) des Bauteils. Eine weitere Einflussgröße ist der Wärmeübergangswiderstand beider Oberflächen zum angrenzenden Medium. Die Höhe der Oberflächentemperatur auf der Innenseite des Bauteils ist von erheblicher Bedeutung - einerseits wegen des Einflusses auf die empfundene Behaglichkeit, andererseits wegen einer möglichen Tauwasserausscheidung. Für das Wachstum der Schimmelpilze ist sogar nur die Erhöhung der relativen Raumluftfeuchtigkeit durch das Absenken Lufttemperatur unmittelbar über kühleren Oberflächen maßgebend. Ziel jeder bautechnischen Planung muss das Erreichnen einer hohen, möglichst nahe der Raumlufttemperatur liegenden Oberflächentemperatur sein. Das Ziel wird erreicht durch sehr gute und wärmebrückenfreie Wärmedämmung der Außenbauteile. der Einzelöfen führten zu einem hohen Anteil Wärmestrahlung≡Wärmestrahlung≡
Die Wärmestrahlung ist eine Form der Wärmeübertragung, die nicht an ein Transportmedium wie Luft oder Wasser gebunden ist. Die Energie der Wärmestrahlung ist abhängig von der Oberflächentemperatur, wobei immer der höher temperierte den kälteren Körper "anstrahlt". Die Wärmestrahlung wird durch undurchsichtige (opake) Bauteile und Gegenstände unterbrochen und absorbiert. Strahlungswärme ist bei der Beheizung von Wohn- und Arbeisträumen unbedingt anzubieten, da sie wesentlich zur Behaglichkeit beiträgt. bei geringerer Lufttemperatur - kalte Wände profitierten davon.
![]() | Einfach verglaste Fenster mit schlechter Wärmedämmung wirken wie "Feuchtesammler". Sie zeigen hohe Luftfeuchtigkeitswerte an! Abbildung: Impulsprogramm Hessen |
Und wie ist es heute? Erstens und Zweitens sind geblieben. Auch unsere Vorstellung: "Wir lüften eigentlich ausreichend." Den Wegfall von Drittens haben wir erst gar nicht richtig wahrgenommen. Gut, die Gardine wackelt nicht mehr. Aber ist uns klar, dass es früher die Lüftung durch die Fugen war, die den Löwenanteil ausmachte? Ist uns klar, dass wir in zentralbeheizten Wohnungen durchschnittlich höhere Raumtemperaturen haben, also auch die unsichtbare Luftfeuchtigkeitsmenge der Luft gestiegen ist? Eisblumen kennt man kaum noch, selbst Kondensatsammelrinnen in Fensterbrettern sind out. Geduscht wird häufiger, gewaschen und getrocknet wird oftmals in der Wohnung. Wo ist der Wasserdampf? Und wo bleiben die Lösemitteldämpfe aus Farben und Haushaltchemikalien, flüchtigen Weichmacher aus PVC-Belägen, Holzschutzmitteldämpfe... Also Dichtgummis wieder raus? Dauernd die Fenster kippen?
Nein, nein, so wird das nichts. Wir müssen akzeptieren: Wohldosiertes Lüften ist schwierig. Richtiges Lüften will gelernt sein! Die Betonung liegt auf richtig, nicht viel Lüften.
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Die Dauer des Luftwechsels≡Luftwechsel≡ Abbildung: Energieagnetur NRW | |
![]() | Die Dauer des Luftwechsels ist außerdem abhängig von der Art der Fenster- bzw. Türöffnung Abbildung: Energieagentur NRW |
Ist richtiges Lüften mit dem Fenster ohne Fugen und Schächte überhaupt möglich? Ja und Nein!